Drei Treffer und einmal Rot in der Nachspielzeit: Derby avanciert zum Drama

Mehr als 1.000 Zuschauer in der modernisierten Arena des SSV Homburg-Nümbrecht sehen im Lokalduell gegen den FV Wiehl ein Herzschlagfinale mit dem besseren Ende für die Hausherren

SSV Homburg-Nümbrecht – FV Wiehl 4:2 (1:1).

Dramatik pur in der Schlussphase des ersten Landesliga-Derbys im neuen Stadion des SSV Homburg-Nümbrecht: Es war bereits die Nachspielzeit angebrochen, als der eingewechselte Wiehler Alican Gültekin nach einer Ecke das 2:2 erzielte und im Lager der Gäste für kollektiven Freudentaumel sorgte. Für die Elf von Coach Sascha Mühlmann wäre es nach fünf Pleiten am Stück der erste Punktgewinn gewesen, was zweifellos die Moral des Schlusslichts gestärkt hätte.

[Dean-Robin Paes war mit zwei Treffern entscheidend am Erfolg für Nümbrecht beteiligt.]

Doch die Partie war noch nicht vorbei. Nümbrecht bekam wenig später ebenfalls eine Ecke zugesprochen. Die scharfe Hereingabe von Joscha Trommler busgierte Henry Schäumer in die Maschen – daraufhin brach aufseiten der Gastgeber Ekstase in Reinform aus. Und es war nicht das letzte Kapital dieses spannenden Lokalduells, denn bei einem letzten Vorstoß wurde Niklas Goße von Wiehls Innenverteidiger Rene Gailowitz abgeräumt, der für die Notbremse die Rote Karte sah. Den fälligen Freistoß versenkte Robin Brummenbaum flach an der Mauer vorbei zum 4:2, danach pfiff der Unparteiische sofort ab.

[Wiehls Jan Krieger gegen Niklas Goße (re.).]

Unter „Derbysieger, Derbysieger“-Rufen feierten die Nümbrechter den Dreier bei der Heimpremiere in dieser Saison ausgelassen, während man beim Gegner ausnahmslos in enttäuschte Gesichter blickte. Für SSV-Trainer Marcus Voike war es ein perfektes vorzeitiges Präsent zu seinem 50. Geburtstag am Freitag.

Vor der stolzen Kulisse von 1.038 Zuschauern hatte Blau-Gelb den besseren Start erwischt. FV-Keeper Maximilian Vollmer wehrte einen Aufsetzer von Dean-Robin Paes ab und war gegen Niklas Goße auf dem Posten (3., 8.). Nachdem Paes den besser postierten Niklas Clemens übersehen hatte (9.), fanden die erstmals in einem 4-4-2 agierenden Wiehler besser in Begegnung. Justus Dabringhausen wurde beim Abschluss bedrängt und scheiterte an Matteo Tessarolo (13.), Jan Krieger zielte knapp vorbei (21.).

Danach folgte eine Phase mit viel Stückwerk – nicht untypisch für das Derby. In der 35. Minute ergab sich aber eine Konterchance für Wiehl. Tessarolo konnte den ersten Versuch von Dabringhausen abwehren, doch Florian Liebelt stand goldrichtig und drückte den Rebound über die Linie. Per Zufall wäre Nümbrecht kurz darauf beinahe der Ausgleich geglückt: Vollmer schoss bei einem Klärungsversuch Felix Klein an, der Ball trudelte ans Außennetz (38.). Goße wurde im letzten Moment am Abschluss gehindert (43.), bevor Liebelt die Kugel am Winkel vorbeischlenzte (44.).

[Paes erzielte den ersten Treffer für die Hausherren in der neuen Arena.]

Dem angekratzten Selbstvertrauen der Wiehler hätte es sicherlich gutgetan, mit einer Führung im Rücken in die Kabinen zu gehen, allerdings wurde daraus nichts, weil Paes mit dem Pausenpfiff nach einem Zuspiel von außen am schnellsten schaltete und den Ausgleich herstellte.

„Eine Punktlandung“ im neuen SSV-Wohnzimmer  

Es war eine Punktlandung, wie der SSV-Vorsitzende Roger Lang verriet. Noch bis zum Nachmittag sei rund um das neue Sportlerheim und die knapp 600 Zuschauer fassenden Tribünen gewerkelt worden, um fürs Derby gerüstet zu sein. Erst am Morgen war eine Metallbrücke geliefert und installiert worden, die die Haupt- mit einer der Nebentribünen verbindet. Auf den letzten Drücker wurden Bodenplatten geschnitten und verlegt, bevor der Reinigungstrupp anrückte.

„Die letzten Tage waren richtig stressig“, dankte Lang den vielen fleißigen Helfern, die beinahe pausenlos im Einsatz waren. Was auf der Sportanlage an der Gouvieuxstraße dank Fördermitteln in Millionenhöhe, der großzügigen Unterstützung von Sponsoren wie Sarstedt, Volksbank Oberberg und Sparkasse Gummersbach sowie jeder Menge Eigenleistung entstanden ist, sucht in der Region seinesgleichen. Mancher Regionalligist dürfte nun neidisch Richtung Nümbrecht blicken. Zu den unzähligen Hinguckern gehören unter anderem eine riesige Video-Wall und die beleuchteten, digitalen Werbebanden.

„Es ist ein unfassbares Projekt und wir freuen uns jetzt darauf, endlich loszulegen. Das, was hier steht, ist für einen Landesliga-Verein absolut außergewöhnlich“, meinte der merklich stolze Klubchef. Die offizielle Einweihung findet am Samstag, 11. Oktober, ab 14 Uhr statt.      

Nach dem Seitenwechsel traf Liebelt im Anschluss an einen schnell ausgeführten Freistoß bloß die Querstange (48.), ehe Dennis Kania und Goße jeweils aus der zweiten Reihe draufhielten und in Vollmer ihren Meister fanden bzw. das Ziel verfehlten (52., 62., 69.).

Mit einem Kopfball nach Kania-Maßflanke stellte Paes auf 2:1. Brummenbaums Schuss aus der Drehung ging um Zentimeter neben das Gehäuse, womit er die Vorentscheidung verpasste (77.). Kania (vorbei) und Finley Friedrichs (Vollmer hält) versäumten ebenfalls den dritten Treffer für den SSV (82., 88.).

[Das 0:1 durch Florian Liebelt (nicht im Bild), Paul Neuendorff betätigt sich noch als Hürdensportler und überspringt Matteo Tessarolo.]

Ein Powerplay konnte Wiehl nicht aufziehen, Gültekins Kopfball blieb zunächst die einzige nennenswerte Gelegenheit zum Ausgleich (90.). Im Zugabenteil überschlugen sich dann die Ereignisse – und die SSV-Kicker verbuchten nach dem 2:2 einen nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg. Einen besseren Einstand in der modernisierten Heimstätte hätten sie dem Klub nicht bescheren können.

Tore

0:1 Florian Liebelt (35.), 1:1 Dean-Robin Paes (45.+1), 2:1 Dean-Robin Paes (72.), 2:2 Alican Gültekin (90.+2), 3:2 Henry Schäumer (90.+4), 4:2 Robin Brummenbaum (90.+6).

Besonderes Vorkommnis

Rot gegen den Wiehler Rene Gailowitz (90.+5 Notbremse).  

SSV Homburg-Nümbrecht

Matteo Tessarolo; Felix Adamietz, Henry Schäumer, Sebastian Ramspott, Dennis Kania (86. Finley Friedrichs), Marvin Hennecken (63. Joscha Trommler), Ricardo Bauerfeind, Niklas Clemens (56. Robin Brummenbaum), Niklas Goße, Felix Klein, Dean-Robin Paes (74. Lukas Grünberg).

FV Wiehl

Maximilian Vollmer; Gino Lanfranco (57. Dogukan Bülbül), Bastian Schwarz, Rene Gailowitz, Kevin Derksen (79. Alican Gültekin), Vinzent Stoffel, Jordy Schurzmann, Jan Krieger, Justus Dabringhausen (74. Yüksel Özkan), Paul Neuendorff (46. Jan Peters), Florian Liebelt (61. Moritz Müller).

[Volles Haus in Nümbrecht: Die 1.000er-Marke wurde beim Derby gegen Wiehl geknackt.]

Trainerstimmen zum Spiel

Marcus Voike (SSV Homburg-Nümbrecht): Ich habe den Jungs im Kreis gesagt, dass es fußballerisch unser bisher schlechtestes Spiel war, aber dieses Derby ist auch etwas Besonderes. Ich habe ja vorher gehört, dass wir in den letzten Jahren keine gute Quote gegen Wiehl hatten, obwohl wir in der Tabelle eigentlich fast immer vor ihnen waren. Aber es ist egal, ob du Erster oder Letzter bist. Im Derby herrschen andere Gesetze. Dass die Jungs am Ende noch einmal an sich geglaubt haben, macht mich stolz. Zusammen mit dem neuen Stadion ist das ein überragender Abend. Ich hoffe, dass ich mich später auch freuen kann, jetzt direkt nach Abpfiff bin ich ein bisschen durch. Nach dem 2:2 taten mir die Jungs leid, aber im Fußball muss man einfach weitermachen. Aus Ecken haben wir in letzter Zeit viele Tore gemacht. Dass die letzte dann reingeht, passt zu dem heutigen Tag. Ich freue mich auch für den Verein und die Leute hier beim SSV, dass es mit dem Sieg geklappt hat.

Sascha Mühlmann (FV Wiehl): Das ist schon Wahnsinn, wie es zum Schluss gelaufen ist. Einen Punkt hätten wir verdient gehabt. So verlieren wir aber nicht nur mit 2:4 hinten raus, sondern auch Rene mit der Roten Karte. Ich behaupte, dass wir von den Chancen her nicht schlechter waren als Nümbrecht. Zu Beginn mussten wir uns etwas setteln, weil wir das System umgestellt haben. Danach müssen wir aber das 1:0 früher machen, vor dem 1:1 das 2:0 erzielen und haben die Riesenchance durch Florian Liebelt in der 48. Minute. Das 2:1 für Nümbrecht ist irgendwie sinnbildlich für unsere Situation, weil wir nicht gut stehen und nicht konzentriert sind. Ich kann den Jungs aber gar keinen Vorwurf machen. Sie haben alles reingeworfen, geackert und gefightet. Ein Unentschieden wäre gerecht gewesen, jetzt haben wir nach sechs Spielen weiterhin null Punkte. Dabei hatten wir viele gute Momente, wo wir es auch fußballerisch gut lösen. Dennoch hat man gemerkt, dass hier und da das letzte Fünkchen Selbstvertrauen fehlt. Das ist eine bittere Niederlage, zumindest ein Punkt hätte uns gutgetan.

Quelle: www.Oberberg-aktuell.de