Emotionen, umstrittene Szenen, Pyrotechnik: Der von 875 Zuschauern besuchte Lokalkracher lieferte erneut Stoff für viele Diskussionen – und endete mit einem Erfolg für die Hausherren, die nach dem Dreier im Hinspiel die volle Punktzahl gegen den Rivalen abräumten. „Der Sieg ist verdient, wenn auch etwas glücklich. Aber danach fragt morgen kein Mensch mehr“, reagierte FV-Trainer Wolfgang Müller unmittelbar nach dem Abpfiff erstaunlich cool. „Wir wollten die Null halten und das ist uns gelungen.“
Während die Heimmannschaft von den eigenen Fans gefeiert wurde, saß der Stachel der Enttäuschung auf der Gegenseite sehr tief. Der FV Wiehl entwickelt sich für Nümbrecht zu einem veritablen Angstgegner, seit gemeinsamen Bezirksliga-Zeiten wartet man auf die Beseitigung des Derby-Fluches. Coach Torsten Reisewitz haderte primär mit der Abschlussschwäche seines Teams, allerdings auch mit der Schiedsrichterleistung. Zwei Elfmeter habe der Unparteiische den Gästen verweigert. „Was da passiert ist, war grenzwertig. Das habe ich dem Schiri nach dem Spiel auch gesagt.“
Vielleicht wäre dem SSV der ganze Frust erspart geblieben, wenn er bereits in der ersten Minute zum 0:1 getroffen hätte. Nach einer Flanke von Dennis Kania scheiterte Robin Brummenbaum freistehend an Jäckel, im Nachsetzen köpfte Tom Barth den Ball knapp vorbei. Kurz darauf forderten die Nümbrechter einen Strafstoß, als Barth im Strafraum zu Fall kam – der Referee ließ unter wütenden Protesten weiterspielen (7.).
Nachdem ein Brummenbaum-Schuss von Waldemar Kilb geblockt worden war (14.), ebbte der Druck der Reisewitz-Schützlinge ab. Wiehl gestaltete die Partie fortan offener, ohne für kitzelige Offensivmomente zu sorgen. Eine Handvoll Distanzschüsse verpufften wirkungslos. Brummenbaum verstolperte das Leder in aussichtsreicher Position (25.), ehe Jonas Henscheid aus spitzem Winkel Jäckel prüfte (34.). Die beste Gelegenheit der Gastgeber in Durchgang eins vergab Peters, der den herausgeeilten Christian Salmen mit einem Lupfer überwinden wollte. Der Schlussmann riss rechtzeitig die Fingerspitzen hoch (41.).
In der Halbzeitpause hatten die FV-Anhänger die wenig glorreiche Idee, Raketen und Rauchtöpfe zu zünden. Dichte Nebelschwaden zogen über den Platz, weshalb die zweite Hälfte mit Verzögerung startete – ein saftiges Ordnungsgeld dürfte dem Verein sicher sein. Nümbrecht wurde nach Wiederbeginn plötzlich von Hektik und Nervosität gepackt: Einen Patzer von Julian Opitz konnte Peters nicht nutzen, weil er lediglich eine Rückgabe zu Salmen zustande brachte (50.), Markus Wagner nagelte den Ball über die Querstange (55.).
Im Anschluss schlüpfte der eingewechselte Aron Jungjohann unfreiwillig ins Büßerhemd: Zunächst verschätzte er sich bei einem Kopfball, dann leistete er sich in der Tabuzone ein ungeschicktes wie unnötiges Foul an Peters. Michael Möller verwandelte den fälligen Elfer sicher. In der 67. Minute war es um die Fassung der meisten SSV-Sympathisanten geschehen. Jäckel stoppte Brummenbaum an der Strafraumkante mit einem hochriskanten Einsatz, aus Gästesicht ein eindeutiger Strafstoß. Pustekuchen: Der Spielleiter erkannte kein strafbares Vergehen des Goalies.
„Wenn er den Elfmeter für Wiehl pfeift, muss er den ebenfalls geben. Brummi will das Tor erzielen und wird klar weggeflext“, echauffierte sich Reisewitz, der in der Endphase auf ein 3-5-2 umstellte und mit der Hoch-und-weit-Variante versuchte, den Ausgleich zu erzwingen. Tatsächlich ergaben sich noch vortreffliche Möglichkeiten zum 1:1: Brummenbaums Direktabnahme parierte Jäckel glänzend (80.), nach der anschließenden Ecke kratzte Christopher Lieblang einen Schwarz-Kopfball von der Linie. Brummenbaum zielte zu weit links (84.) und Henscheid fand in Jäckel seinen Meister (90+3.).
Zuvor hatte Wagner die Vorentscheidung verpasst (89./Salmen hält), doch nach einem Sololauf schickte Peters den Kontrahenten endgültig auf die Bretter. Danach drohte das Derby nach gegenseitigen Provokationen kurzzeitig aus dem Ruder zu laufen, zum Glück waren genügend besonnene Zeitgenossen vor Ort, um deeskalierend auf die Hitzköpfe im Publikum einzuwirken.
„In der zweiten Halbzeit haben wir uns auf unsere Passstärke besonnen, um bessere Aktionen nach vorne zu bringen als vor der Pause“, erklärte Müller. „Ich muss den Nümbrechtern ein Kompliment machen. Sie haben nicht aufgehört zu fighten und hatten gute Chancen.“ Reisewitz ärgerte sich derweil über die fehlende Cleverness seiner Schützlinge, die es nicht schafften, vor dem Kasten einen kühlen Kopf zu bewahren. „Wir waren einige Male zu gierig und müssen uns deshalb über die Niederlage nicht wundern. Notfalls fährt man hier halt mit einem 0:0 weg. Leider haben wir uns den einen Fehler mehr erlaubt.“
Wiehl hat nun 24 Zähler auf dem Konto und sich in der Tabelle nicht nur weiter von den Abstiegsrängen abgesetzt, sondern auch an Nümbrecht (27 Punkte) herangepirscht.
Tore
1:0 Michael Möller (62. Foulelfmeter)
2:0 Jan Peters (90.+4)
FV Wiehl
David Jäckel; Davin Dresbach, Jonathan Noß, Waldemar Killb, Kerem Kargin (90.+5 Jan Derksen), Vinzent Stoffel, Ozan Taskiran, Jordi Scherbaum (84. Kevin Derksen), Markus Wagner, Michael Möller (73. Christopher Lieblang), Jan Peters
SSV Homburg-Nümbrecht
Christian Salmen; Felix Jäger (73. Kilian Seinsche), Jan Luca Krämer, Michel Hock (54. Aron Jungjohann), Dennis Kania, Julian Schwarz, Julian Opitz (83. Mike Großberndt), Tom Barth, Christian Rüttgers, Jonas Henscheid, Robin Brummenbaum